Viele Unternehmen und Selbstständige stehen vor der Herausforderung, eine einheitliche, lesefreundliche Sprache zu finden, die alle Menschen anspricht, ohne kompliziert zu wirken. Ein Gender-Hinweis auf der Website scheint auf den ersten Blick eine einfache Lösung zu sein: Er soll zeigen, dass sich das Unternehmen für Gleichwertigkeit einsetzt – ohne konsequent genderneutrale Sprache verwenden zu müssen.
Doch genau hier stellt sich die Frage: Welche Botschaft sendet ein solcher Hinweis wirklich? Ist mitgemeint gleich mitgedacht – bei denen, die die Botschaft empfangen? Und gibt es bessere Alternativen?
In diesem Beitrag erfährst du, warum Gendern mehr ist als eine Stilfrage, welche Lösungen es gibt und wie du deine Kommunikation geschmeidig, verständlich und inklusiv gestaltest – lesefreundlich dazu.

Warum ist Gendern ein Thema?
Sprache formt unsere Wahrnehmung – ob wir es bewusst merken oder nicht. Sie entscheidet mit darüber, wer sich angesprochen fühlt, wer sichtbar ist und welche Rollenbilder in unseren Köpfen entstehen. Das generische Maskulinum, also die männliche Sprachform, die einige als „neutrale“ Grundform verstehen, ist dabei keineswegs neutral: Sie gendert bereits – nämlich männlich. Studien zeigen, dass sich Frauen und nicht-binäre Personen, die sich weder als Mann noch als Frau fühlen, in maskulin geprägter Sprache weniger repräsentiert fühlen. Reden wir von „Ärzten“, „Apothekern“ oder „Astronauten“, haben viele männliche Personen in diesen Positionen vor Augen. Unabhängig davon, wie es gemeint wurde.
Trotzdem empfinden manche das Gendern als überflüssig oder umständlich. Oft liegt das daran, dass sprachliche Veränderungen erst ungewohnt klingen. Neue Regeln lösen Unsicherheit aus, sogar „Reaktanz“: Eine Form des Widerstands, der dann eintritt, wenn sich Menschen in ihrer Meinungs- und Verhaltensfreiheit bedroht fühlen. Andere stören sich an überkomplexen Formulierungen, die den Lesefluss erschweren können. Dabei gibt es längst viele praktikable Wege, Sprache inklusiver zu gestalten, ohne dass sie sperrig wirkt.
Deshalb lohnt es sich, genauer hinzusehen: Welche sprachlichen Lösungen passen zur eigenen Marke, Zielgruppe und Unternehmenskultur? Und wie können Firmen und Selbstständige Vielfalt kommunizieren, ohne Lesbarkeit einzubüßen?
Gender-Hinweise – wirklich inklusiv?
Viele Unternehmen und Selbstständige stehen vor der Frage, wie sie mit gendergerechter Sprache auf ihrer Website umgehen sollen. Manche entscheiden sich bewusst dagegen. Stattdessen setzen sie einen Gender-Hinweis auf ihre Website, der sinngemäß lautet:
„Wir verzichten auf das Gendern, weil wir alle Menschen als gleich ansehen.“
Sprache beeinflusst, wer sich gemeint fühlt
Auch Aussagen wie „Wir sehen keinerlei Grund, Unterschiede zu betonen …“ könnten für manche genau das Gegenteil bewirken – nämlich das Gefühl, dass Vielfalt und Identität nicht wertgeschätzt werden. Studien zeigen, dass sich Menschen, die nicht explizit genannt werden, oft unbewusst ausgeschlossen fühlen. Besonders Unternehmen und Selbstständige, die in ihrer Außenkommunikation für Inklusion stehen möchten, sollten solche Formulierungen hinterfragen.
Die eine Empfehlung, die alles kann
Ja, das wäre schön. So einfach ist es leider nicht. Sprache entwickelt sich fortlaufend weiter – ein Gender-Hinweis verschließt sich dieser Tatsache. Ebenso der Versuch, per Gesetzgebung „von oben“ eine bestimmte Methode der gendergerechten Sprache flächendeckend einzuführen. „Sprache ändert sich von unten“, schreibt die Wissensredaktion Quarks des WDR dazu. Und auch „Was sich im Sprachgebrauch durchsetzen wird, entscheiden am Ende allerdings wir selbst – so ist es immer schon gewesen.“
Methoden des Genderns
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, geschlechtergerecht zu formulieren. Hier einige Methoden mit ihren Vor- und Nachteilen:
- Gendern mit Binnen-I oder Sonderzeichen (z. B. Doppelpunkt, Gendersternchen, Unterstrich)
- Beispiel: ChefInnen, Kund:innen, Mitarbeiter*innen, Kolleg_innen
- Vorteil: Spricht alle an.
- Nachteil: Nicht barrierefrei, da Screenreader die Zeichen mit vorlesen.
- Beidnennung (z. B. Kolleginnen und Kollegen)
- Beispiel: „Alle Kundinnen und Kunden sind willkommen.“
- Vorteil: Klar verständlich, oft gut für formelle Texte.
- Nachteil: Nicht alle Menschen fühlen sich angesprochen (z. B. nicht-binäre Personen).
- Abwechselnde Verwendung weiblicher und männlicher Formen
- Beispiel: Psychologinnen und Coaches sehen den Menschen als Ganzes.
- Vorteil: Natürlicher Lesefluss, wirkt abwechslungsreich.
- Nachteil: Kann verwirren, wenn nicht konsequent angewendet.
- Geschlechtsneutrale Begriffe
- Beispiel: Team statt Mitarbeiter, Fachkräfte statt Experten
- Vorteil: Lesefreundlich, neutral und barrierefrei.
- Nachteil: Nicht immer für alle Begriffe anwendbar.
Ein sanfter, pragmatischer Weg ist ebenso möglich – neutrale Begriffe nutzen, wo es sich anbietet (Team, Fachkräfte, Mitarbeitende), und ansonsten einfach bewusst variieren. So zeigst du Offenheit für Inklusion und Lesbarkeit. Wichtig ist, dass deine Sprache deine Werte widerspiegelt und für deine Zielgruppe verständlich bleibt. Denn am Ende geht es nicht um Regeln, sondern darum, Menschen mit Sprache wertschätzend einzubeziehen.