Heißt du auf deiner Website wortwörtlich willkommen? Geht’s darum, Potenziale zu entfalten? Und Qualität großzuschreiben? Achtung, jetzt kommt der Rotstift. Das sind leere Floskeln, mit denen du dem Wettbewerb einen Gratis-Vorsprung gibst. Wie du Floskeln und Phrasen ade sagst und Worte findest, die deine Zielgruppe anziehen, verrate ich dir in diesem Artikel.

Das erfährst du in diesem Beitrag:
Was sind leere Floskeln?
Floskeln sind leere Phrasen, Worthülsen mit wenig Aussagekraft. Auf Webseiten sind es häufig: „Jetzt Vorteile sichern!“, „Wir arbeiten kundenorientiert“, „Ich hebe dein Business aufs nächste Level“ – diese Formulierungen sind unpräzise, schwammig und jeder versteht auch noch etwas anderes darunter. Sie bieten der Zielgruppe keinerlei Mehrwert. Genau den will sie jedoch in der Flut an Informationen schnell erkennen.
6 typische Phrasen von Webseiten unter der Lupe
Phrasen tauchen überall auf – auf Startseiten, Landing- und Salespages sowie Pressemitteilungen von Unternehmen und Selbstständigen. Und sprechen weder Hirn, Herz noch Geldbeutel an. Warum Floskeln dann so verbreitet sind? Sie sind Lückenfüller und helfen den Schreibenden, überhaupt einen Einstieg zu finden. Oder landen auf der Webseite, „weil ganz viele andere das ja auch machen“. Ha – das ist deine Chance, positiv aus der Masse hervorzustechen.
Hier ein paar Beispiele:
#1 Willkommen auf meiner Website
Hier grüßt eine Floskel aus den Anfangszeiten des World Wide Webs. Eine eigene Website war da etwas Besonderes. Bei heutiger Informationsflut gilt, in 3 Sekunden die Neugier zu wecken,* sonst wird zum nächsten gescrollt. Dass die Zielgruppe „Willkommen“ ist, setzt sie voraus. Aber bei welchem Problem hilfst du ihr? Was ist die Fragestellung, das Szenario, das sie nachts wachhält und mit dem sie auf einen Blick erkennt, dass sie hier die Lösung findet?
* Mehr über die Sache mit den 3 Sekunden erzähle ich dir im Artikel Priming für Profis.
#2 Als führendes Unternehmen …
Kann ja jeder sagen. Darum behaupten es auch viele – belegen können ist, wo die Magie beginnt. Wer hier Marktanteile nennen kann, hebt sich attraktiv vom Wettbewerb ab. So führend ist dein Unternehmen dann doch nicht? Schreib, warum ihr besser seid als andere – nenne ein konkretes Beispiel aus der Praxis.
#3 Wir schreiben Qualität groß
Strenggenommen reden wir hier also über Rechtschreibung. Und haben noch nichts über die tatsächliche Qualität erfahren. Kannst du einen echten Qualitätsnachweis nennen?
Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Selbsternannte Texter und Redakteurinnen gibt es wie Sand am mehr. Die Begriffe sind nicht geschützt. Tausende behaupten sicherlich, „Qualität großzuschreiben“. Nur 132 haben ihre Kompetenz freiwillig und erfolgreich von einer 5-köpfigen Fachjury prüfen lassen (Stand Ende 2023). Und können mit dem Gütesiegel „Anerkannt vom Berufsverband Text und Konzept“ Qualität belegen. Ich bin eine davon.
#4 Kunden stehen bei uns an erster Stelle
Wo genau – an der Kasse? Und was habe ich davon? Anders sieht es hier aus:
„Ihre Anfrage beantworten wir werktags innerhalb von 24 Stunden per E-Mail.“
Aha, das ist ja mal ein klasse Service. Jetzt weiß ich konkret, woran ich bin.
#5 Sie profitieren von innovativen Lösungen
So oft zu lesen, dass es alles andere als innovativ ist. Vor allem ist es schwammig. Konkret wird’s, wenn du zum Beispiel begeisterte Kundenstimmen zu Wort kommen lässt. Und zwar ungefiltert in ihren eigenen Worten. Dann menschelt es und wird glaubwürdig.
#6 Kein Problem!
Doch, jetzt hast du eins, wenn du das schreibst. Unser Gehirn mag positiv. Verneinungen und Negationen kann es schlecht verarbeiten. Und die Assoziation mit „Problem“ ist auch noch geweckt. „Das kriegen wir hin“ lässt hingegen schon die Lösung mitklingen.
Was es mit Verneinungen in Texten noch auf sich hat und wie du Botschaften positiv gestaltest, erfährst du in meinem Beitrag Priming für Profis.
Mal ganz konkret – „Potenzial entfalten“ im Praxis-Test
Lass uns dieses weit verbreitete Beispiel beleuchten:
„Lerne, dein Potenzial zu entfalten.“
Welche Bilder entstehen nun im Kopf? Und auf wessen Website ist das wohl zu lesen? Auf der einer Resilienz-Trainerin? Eines Business-Coachs? Wirbt es für fortgeschrittene Kreativitätstechniken beim Töpferkurs?
Alles ist möglich, der Satz ist beliebig einsetzbar. Damit austauschbar und unklar. Nur über Kontext bekommen wir eine Ahnung, worum es gehen könnte. Allerdings – so geläufig uns selbst bestimmte Begriffe sind, so unklar mag es unserer Zielgruppe sein. Da hilft ein Trick aus der SEO-Keyword-Recherche – sie dient dazu, häufig gesuchte Stichworte (Keywords) auszumachen, die für Menschen und darum für Suchmaschinen relevant sind:
Mithilfe von Google Autocomplete (auch Google Suggest genannt) können wir überprüfen, was häufige Suchintentionen rund um bestimmte Begriffe sind. Schon während wir Stichworte eingeben, vervollständigt die Suchmaschine häufig von Menschen gesuchte Eingaben. Wichtig ist, ein Browser-Fenster im „Inkognito-Modus“ aufzurufen. Je nach Browser heißt das auch schon einmal „privates Fenster“ oder „InPrivate-Modus“. So können wir Ergebnisse anzeigen lassen, die unabhängig von eigenen, früheren Suchanfragen laufen.
Wenn ich nun „potenzial entfalten“ eingebe, komplettiert Google das an erster Stelle mit:
potenzial entfalten bedeutung
Unter „Weitere Fragen“ der Suchergebnisseiten gleich unter den ersten drei:
Was versteht man unter Potenzial entfalten?
Was bedeutet „Potenziale entfalten“?
Der Abschnitt „Weitere Fragen“ auf Suchergebnisseiten dient dazu, Fragen zu beantworten, die im Zusammenhang mit der Suchanfrage stehen. Das Ergebnis zeigt: Viele müssen erst umständlich googlen, um eine Ahnung zu bekommen, was es mit „Potenzial entfalten“ auf sich hat.
💡Mach den Test ruhig noch einmal mit „Innovation“, das erscheint auch ganz oben bei der Frage nach der Bedeutung des Begriffs.
Ganz schön mühselig, unser Gehirn möchte nämlich Energie sparen. Das ist wie in der Physik, der Weg des geringsten Widerstands … Übrigens auch ein Grund, warum in Supermärkten die hochpreisigeren Produkte auf durchschnittlicher Augenhöhe platziert werden. Ein Griff dahin ist für den bequemen Menschen einfacher, als sich erst zu bücken und das weitere Sortiment durchzustöbern.
Du willst es deiner Zielgruppe leicht machen? Dann lies weiter.
Sprich die Sprache deiner Zielgruppe – sammle O-Töne
Radioreporter sind ständig auf der Jagd nach O-Tönen. Das steht für Originaltöne am Aufnahmeort. Bei der Uraufführung von Konzerten und Theaterstücken sind das u. a. Aussagen von Menschen aus dem Publikum. Während meiner Zeit bei Radio Essen und Rhodes Music Radio in Südafrika bin auch ich regelmäßig auf O-Ton-Jagd gegangen. Immer im Hinterkopf, dass ein Einfaches „hat mir gefallen“ oder „war lustig“ niemals „on air“ gehen würde. Wer später zuhörte, sollte die Stimmung regelrecht spüren. Und auch ohne Fotos direkt Bilder vor dem inneren Auge sehen. Offene Fragen sind da wichtig, meist richtungsweisende W-Fragen wie „Wie war’s? Was hat Ihnen besonders gefallen?“ oder „Wie hat dich diese oder jene Szene berührt?“ Das hat bestimmte Antworten herausgekitzelt: „Fantastisch, die Kostüme, das Bühnenbild – das war ein Fest für die Augen!“ oder „Mir sind die Tränen gekommen, so gerührt war ich.“
Diese Technik lässt sich hervorragend auf unsere Zielgruppen übertragen:
Überlege, von welchen Schmerzpunkten erzählen dir deine Kundinnen und Kunden?
Welche Erfolgserlebnisse feiern sie, wenn sie mit dir gearbeitet haben?
Nutze ihre Worte – und bau sie in deine persönliche Sprache ein. So, wie du es einer Freundin oder einem Kollegen im Gespräch erzählen würdest. Das macht dich authentisch, glaubwürdiger und vor allem – verständlicher. Im Falle des Business-Coaches könnte das so lauten:
Vorher
Lerne, dein Potenzial bei Präsentationen zu entfalten.
Lebendiger:
Du sollst im Job präsentieren und denkst: „Oh nein!“? In meinem Workshop lernst du, dein Lampenfieber zu managen und mit der Kraft der Bilder zu begeistern.
Apropos Kraft der Bilder …
Wie bildhafte Sprache die Botschaft deiner Website-Texte verstärkt
Bildhafte Sprache ist ein Power-Tool: Mit ihr verwandeln wir komplexe Ideen und Sachverhalte in greifbare Bilder. Wenn wir uns vorstellen können, wie ein Produkt unser Leben bereichert oder uns in eine bestimmte Stimmung versetzt, sind wir eher geneigt, eine positive Entscheidung zu treffen.
Denn: Unser Gehirn mag Bilder. Alles, was Emotionen weckt, hat in unserem Gehirn Vorfahrt. Daher wirken bildhafte und emotionalisierende Begriffe besonders stark. Schließlich war bereits bei unseren Vorfahren schnelles Handeln lebenswichtig.
Flucht ergreifen? Irrelevant? Oder Freund im Anmarsch?
Schnell weg? Langweilig (scroll weiter)? Juchhu, will ich haben – Klick in den Warenkorb?
Metaphern, Vergleiche und Personifikationen sind dabei Stilmittel, die dir helfen, mit Sprache Bilder zu zeichnen. Und Gefühle zu wecken. Sie können auch Appetit anregen, so wie im Fall der feinen Bio-Gewürze meines Kunden Luis Dias, den Food Finisher Spices. Die Produktbeschreibungen sollen beflügeln und lecker klingen: Darum bringt der Food Finisher Antipasti „Reichlich Amore für deine Vorspeise“. Und mit dem Food Finisher Pommes de Terre „machst du deine Kartoffeln zum Star“.
Was lernen wir? Statt schwafeln, konkret werden.
Dass du kompetent bist, professionell arbeitest und dein Unternehmen für Qualität stehst, setzen deine Kunden und Leserinnen voraus. Show, don’t tell: Zeig, was Sache ist, nicht nur mit Floskeln behaupten. Also nie wieder Floskeln? Nun ja, die Dosis macht das Gift … Heißt, wenn du von Qualität sprichst, beleg es. Ebenso bei Innovationen – der Begriff allein macht weder dich noch deine Marke innovativ. Sag genau, wie du was für deine Zielgruppe besonders gut machst. Und ja, auch in eigener Sprache Persönlichkeit zeigen. Menschen kaufen von Menschen. So ziehen wir die an, die ähnliche Werte teilen. Genau die wollen wir – und sie uns.
Jetzt weißt du, dass Worte Flügel verleihen können. Lass uns deiner Idee Flügel geben.